Erleuchtung garantiert – Der Podcast
Wissenschaftliche Spotlights auf Religion und Spiritualität
Was unterscheidet Menschen von Cyborgs? Was passiert, wenn wir sterben? Was hat Rap mit Religion zu tun? Gibt es Schuld und einen freien Willen? Was steht wirklich in der Bibel und wie ernst nehmen Muslime den Koran? In Religionswissenschaft und Theologie an der Universität Zürich wird zu diesen Fragen, zu Spiritualität und verschiedenen Religionen geforscht. Einmal im Monat spricht Dorothea Lüddeckens mit Kolleg:innen und Gästen über ihre Forschung, ihre Perspektiven auf Spiritualität, Religion und die Welt.
Zürich um 1525: Von Gotteslästerung im Wirtshaus, Investitionen in Bildung und einem Hund auf der Kanzel

Was ist uns fern und fremd an Zürich um 1525? Gleich neben dem Grossmünster, in dem vor 500 Jahren im Zuge der Reformation die «Prophezey» als «Hohe Schule» in Zürich gegründet wurde, fand dieser Live-Podcast mit der Neuzeit-Historikerin Francisca Loetz und dem Kirchenhistoriker Tobias Jammerthal statt. Die beiden erzählen von einem Hund, der für Furore sorgte, einem Alkoholiker, der sich mit der Bibel verteidigte und von muslimischen Kindern als «exotischen Mitbringsel». Es geht um die Rolle der Bibel und darum, was die Leute am Koran interessierte, der in einer überarbeiteten Übersetzung (angeblich) das erste mal in gedruckter Fassung in Zürich erschien. Gesprochen wird über Geschichtsklischees und die Anfänge der höheren Bildung in Zürich, über den Zusammenhang von Naturwissenschaft und Theologie und über das Schwätzen und Schlafen in der Kirche.
Weitere Informationen:
- Jubiläum der Theologischen und Religionswissenschaftlichen Fakultät «500 Jahre Prophezey»: www.1525.uzh.ch
- Website von Prof. Dr. Tobias Jammerthal
- Website von Prof. Dr. Francisca Loetz
- Sammelband «Gelebte Reformation – Zürich 1500–1800», herausgegeben von Francisca Loetz
- Buchreihe «Quellen zur Geschichte der Täufer», herausgegeben von Tobias Jammerthal u.a.
«Hip-Hop is bigger than Religion» – Von Rappern mit Dornenkrone, dem Kendrick-Drake-Beef und Zeremonienmeister:innen

Folge 72 (1.6.2025) [ohne Songs]
Folge 72 (1.6.2025) (MP3, 83 MB) [inkl. Songs]
Wieso spielen Religion und Spiritualität im Hip-Hop, dem einflussreichsten kulturellen Phänomen der zweiten Hälfte des 20. Jh., so eine grosse Rolle? Ist Rap eher muslimisch, christlich oder sogar atheistisch geprägt und wie ist er beeinflusst von neu-religiösen Bewegungen? Handelt es sich bei Superstar Kendrick Lamar um einen guten Christen oder um einen bibelaffinen Humanisten? Religionswissenschaftler David Atwood erklärt, was hinter dem «Beef» von Lamar und Drake steht und weshalb die diesjährige Half-Time-Show des Superbowls etwas anders war als sonst. Er spricht darüber, wie im Hip-Hop mit Religion umgegangen wird und wo Hip-Hop sogar selbst religiöse Züge annimmt – mit Masters of Ceremony (MCs), Mythen, Ritualen und Kanonisierung. Ausserdem geht es um Frauen im Hiphop, um die Bewegung «Black Hebrews» und den spirituellen Autor Eckhart Tolle.
Erwähnte Songs:
- Kendrick Lamar: YAH
- Erykah Badu: The Healer
- Kendrick Lamar: Not like us
Weitere Informationen:
- Super-Bowl Halbzeitshow von Kendrick Lamar
- Podcast-Episode«Islam der Selbstverständlichkeit: Rap und Religion mit Andrea Suter»
- Artikel «‹Not like us› – Der Kendrick-Drake-Beef als (meta)kulturelle Aushandlung» von David Atwood (Geschichte der Gegenwart)
- Artikel zu Eckhart Tolle in der Frankfurter Rundschau
Sterben als Projekt? – Über den guten Tod, zweifelhafte Ideale und die Ambivalenz des «selbstbestimmten Sterbens»

Gibt es ein richtiges, authentisches Sterben? Führen die Freiheit und Selbstbestimmung, die Sterbehilfeorganisationen wie Exit versprechen, zu neuen Zwängen? Kann und soll man sich mit einer Patient:innenverfügung vor Horrorszenarien wie Demenz oder dem lebenserhaltenden «Hängen an Schläuchen» schützen? Und was haben solch grundlegende Fragen mit der AHV zu tun? Die Medizinethikerin, Theologin und Journalistin Nina Streeck spricht im Podcast über Sterbeideale und Palliative Care, über Akzeptanz, Festhalten und Loslassen und über den Druck, der eigenen Familie nicht zur Last zu fallen. Es geht um das finanzpolitische Kalkül der kanadischen Regierung im Zusammenhang mit der Liberalisierung von Sterbehilfe und um den Intellektuellen Walter Jens, der sich entschied, mit Demenz weiterzuleben, obwohl er das früher ausgeschlossen hatte. Und: Sollte man Todgeweihten ihre Diagnose wirklich immer offenlegen?
Im Gespräch erwähnte Texte und weiterführende Informationen:
- Website von Nina Streeck beim Institut für Sozialethik an der TRF und ihre private Website: www.nina-streeck.ch
- Essay von Nina Streeck in der WOZ: «Wer die Selbstbestimmung als höchste Errungenschaft der Gegenwart feiert, dürfte gegen die Suizidkapsel Sarco nichts einzuwenden haben»
- Elisabeth Kübler-Ross: «Interviews mit Sterbenden». Kreuz Verlag, Freiburg im Breisgau, 2009 (Original: On Death and Dying, 1969)
- Zur Demenzerkrankung von Walter Jens: Tilman Jens umstrittenes Essay «Vaters Vergessen» (hinter der Paywall, FAZ, 2008) und das Buch «Langsames Entschwinden» von Inge Jens.
Rassismus an der Uni?! – Von Diskriminierung, Rassimuskritik und Schuldgefühlen

Ist Rassismus in der Schweiz eine Erfindung der «woken Eliten» oder sind People of Color tatsächlich betroffen? Was kann man tun, wenn man rassistische Aussagen mithört, Mikroaggressionen miterlebt oder sogar selbst – ungewollt – ausübt? Lea Mägli erzählt von ihren Erfahrungen als Dozentin an der Uni, sie zeigt auf, wo und wie Rassismus auch bei uns eine Rolle spielt. Sie spricht sich für einen differenzierten Rassismusbegriff aus und klärt wie sich andere Diskriminierungsformen davon unterscheiden. Ausserdem geht es um die heftigen Abwehrreaktionen, die sich beim Thema beobachten lassen, um unwillentlichen Rassismus, Scham- und Schuldgefühle und um den Umgang damit. Und schliesslich auch um die Bedeutung von Religion(swissenschaft) in diesem Kontext.
Religion im obligatorischen Schulunterricht? Worum es im Schulfach «Religionen, Kulturen, Ethik» (nicht) geht

Was hat das Thema «Religion» an der öffentlichen Schule zu suchen? Sollen im Kanton Zürich die Schüler:innen religiöser werden oder vom Glauben abgebracht werden? Das obligatorische Schulfach «Religionen, Kulturen, Ethik» (RKE) will weder das eine noch das andere. Philipp Hetmanczyk, Religionswissenschaftler und Koordinator der fachwissenschaftlichen Ausbildung für dieses Fach, spricht im Podcast über Sinn und Zweck des Unterrichtes, über die Kompetenzen, die darin erworben werden, und die Herausforderungen, mit denen Schüler:innen und Lehrpersonen konfrontiert sind. Es geht um das Navigieren zwischen verschiedenen normativen Ansprüchen, um das Verstehen eigener und anderer Weltsichten und darum, wie Lehrpersonen im Unterricht mit ihrer eigenen (A-)Religiosität umgehen können und sollen.
Dabei stellt sich durchaus auch die Frage: Ist es überhaupt noch zeitgemäss, in der Schule über Religion zu sprechen?
Weitere Informationen:
- Website von Philipp Hetmanczyk
- Informationen zum Lehrdiplom in «Religionen, Kulturen, Ethik
- Informationen für Eltern zum Schulfach «Religionen, Kulturen, Ethik»
Kinderkriegen für die Ahnen – Über Spiritualität, Familie und Wirtschaftsboom in Vietnam

Weshalb werden in Vietnam viel mehr Jungen als Mädchen geboren? Warum führte hier der Wirtschaftsaufschwung auch zu einer Wiederbelebung von religiösen Praktiken? Und wieso werden in Vietnam nicht Geburtstage, sondern Todestage gefeiert? Die Ethnologin Prof. Dr. Annuska Derks forscht seit Jahrzehnten zu Südostasien, insbesondere zu Vietnam. Sie erzählt von der dortigen Religionslandschaft mit den drei sich ergänzenden Lehren Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus und vom herrschenden patrilinearen und patrilokalen Verwandtschaftssystem. Derks spricht über die Zusammenhänge von Wirtschaftsboom, Kleinfamilie und Religion, über die Omnipräsenz von Ahnenaltären in der vietnamesischen Alltagskultur, über Reproduktionsmedizin und über die hohe Rate an Ultraschalluntersuchungen. Ausserdem geht es darum, weshalb am ersten Tag des Monats niemand Kohle kauft und ob die verstorbene Grossmutter auch mal bei der Parkplatzsuche hilft.
Annuska Derks ist Ausserordentliche Professorin im Bereich Ethnologie am Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft (ISEK) und forscht u.a. zu sozialem Wandel, globalen Warenketten, Migration, Gender, Sexualität und Verwandtschaft. Ausserdem leitet sie ein Teilprojekt des Universitären Forschungsschwerpunkts «Human Reproduction Reloaded».
«Es bringt eben doch etwas» – Die Proteste von Muslim:innen gegen die hindu-nationalistische Politik in Indien

2019 kam es in Indien zum bis dato grössten Aufstand seit der Unabhängigkeit 1947. Warum handelte es sich bei den Menschen, die mit Sit-In-Camps eine Hauptverkehrsachse in Delhi blockierten, vor allem um muslimische Frauen aus den unteren Kasten? Was ist aus diesen sogenannten «Shaheen Bagh»-Protesten geworden und wie ist die Situation heute? Britta Ohm, Politikwissenschaftlerin und Kulturanthropologin, forscht unter anderem zu Versammlungen und hat unter schwierigen Bedingungen mit Teilnehmer:innen der damaligen Grossdemonstrationen gesprochen. Im Podcast erzählt Ohm von der jahrzehntelangen Ghettoisierung, Überwachung und Ausgrenzung von Muslim:innen und von den Frauen, die den Kampf für das Recht auf Staatsbürgerschaft organisiert und angeführt haben – obwohl sie vorher nie alleine aus dem Haus gegangen sind. Ausserdem geht es um die Gefahren und Chancen von Social Media, um politische Gefangene, das Kastensystem in Südasien, um Indiens Premierminister Narendra Modi, Propaganda und Wahrheitsverdrehung.
Weitere Informationen und Lektüre-Empfehlungen:
- Personenprofil von Britta Ohm (Uni Mainz)
- Zum Kastensystem in Indien: «Indien heute» von Hanns Wienold und (für Fortgeschrittene) «The (im)possibility of a term: ‘Pasmanda’, the (non-)addressability of the state, and the ghettoization of communication» von Britta Ohm
- Zum zeitgenössischen Widerstand in Indien: «Azadi heißt Freiheit» von Arundhati Roy
- Presseberichte zu Protesten: «Tote und Festnahmen bei Massenprotesten» in ZEIT Online und «Der Kampf um Indien» von Amnesty International